Silbersaitenklang

3 x 17 Haiku Gedichte

von Martin Gmelch

Senryu
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Ein Haiku ist ein 17 Silben-Gedicht nach dem Schema: 5-7-5 Silben. Matsuo Basho, www.big.or.jp geb. 1644 in Ueno, gest. 28.11.1694 in Osaka gilt als der bedeutenste Haiku Dichter. Erste Gedichte dieser Form entstanden bereits vor 700 Jahren. Wer die überlieferten Geschichten von Basho und nur ansatzweise etwas von der Kultur Japans kennt, weiß wie wichtig im traditionellen Japan die Form ist. Man stelle sich nur eine Teezeremonie www.teezeremonie-zen.de ohne die rituelle, fest vorgegebene Form vor, es wäre keine Teezeremonie, sondern irgend etwas anderes, was man vielleicht als Teeparty bezeichnen könnte!
Genau so sollte man Haiku, die nicht die klassische Form der siebzehn Silben erreicht, mit einem anderen Wort kennzeichnen; die japanische Sprache hat sicher schon ein Wort dafür geprägt, denn auch in der Literaturgeschichte des Haiku hat es in Japan schon viele Verschleißerscheinungen und Renaisancen gegeben. Bei Übersetzungen mag man gekennzeichnete Ausnahmen machen, um den Inhalt bestmöglichst herüber zu bringen, bei selbstverfaßten Haiku sollte es keine Ausnahmen geben und diese, obgleich vom Inhalt und Wesen her ein Haiku, einen anderen, durchaus ehrenvollen Namen geben!
Das Ringen um das rechte Wort, den passensten Ausdruck sollte Zeugnis ablegen für geleistete Haiku Autoren Arbeit! (Man vergleiche: Mauerer haben Steine zur Verfügung: nicht ein formloser Steinhaufen ist das Ziel, die Aufgabe ist, ein Gebäude in einer gewünschten Form zu erstellen)
Es gibt eine bezeichnende Anektode über Matsuo Basho mit seinen Schülern zum Haiku (frei übersetzt):
          Ein Wassertropfen
          vom Zweig in den Teich platschend
          der Klang des Wassers
Auch wenn die deutsche Sprache nicht so gut dafür geeignet scheint, so ist doch festzustellen, daß bei genügend Mühe und Aufwand für die richtige Wortwahl ein Gedicht wie aus einem Guß entstehen kann und somit leicht über die Lippen geht:
- das eine Augenblickssituation fest hält,
- darum auch im Präsens formuliert ist,
- einen Natur-, bzw. Jahreszeitbezug hat,
- in der Aussage zwei-, oder mehrdeutig, bzw. vielschichtig ist,
- mit Mehrfachbedeutungen von Wörtern spielt,
- im Unscheinbaren einen weit größeren Zusammenhang aufzeigt,
- eine meist unerwartete geistig, inhaltliche Wende macht,
- bisweilen einen augenzwinkernden Humor enthält,
- einen unauffälligen Silbenrhythmus besitzt, allenfalls den Hauch eines Reims enthält,
- im Motiv weder ein Ziel hat noch einem absichtlichen Zweck dient,
- im Gegensatz zu deutschen Gedichten keiner Überschrift bedarf,
- im Präsens - da ein Augenblickseindruck - formuliert ist,
  so, wie es das klassische japanische Haiku fordert.

Ein Beispiel für Rythmus und Lautfolge der 3 klassischen Vertreter des japanischen Haiku; Basho, Buson, Issa: www.cc.matsuyama-u.ac.jp   (in der japanischen Sprache wird ein 'n' - meist am Wortende - stimmhaft als Silbe betont und aufeinanderfolgende Vokale als eigene Silben gewertet)
Haiku in japanischer Kaligraphie: www.geocities.jp/ginyu_haiku Was ein Haiku keinesfalls ist und was es sein kann: kulturserver-nds.de
Die geistigen Wurzeln des Haiku im Zen-Buddhismus: www.choka-sangha.de
World Haiku Association: Haiku in vielen Sprachen: www.worldhaiku.net
The Haiku Society of America: www.hsa-haiku.org
Haiku Association Schweden: www.haiku-shs.org
Haiku's in Spanisch: www.elrincondelhaiku.org
Haiku in ungarisch: haiku.lap.hu
der Haiku Kieselstein Weg: www.poetrysociety.org.nz
Der Nobelpreis für Literatur 2011 wurde dem schwedischen Dichter Tomas Tranströmer verliehen, der vor allem durch seine Haiku Gedichte bekannt wurde:
www.terebess.hu
www.blackbird.vcu.edu




Ich erkläre, daß alle hier aufgeführten Haiku's von mir in der jeweiligen Situation verfaßt wurden;
Ähnlichkeiten mit Haiku's anderer Autoren wären rein zufällig; meine Haiku's sind dokumentiert.
© 2006 Martin Gmelch, alle Rechte über Vervielfältigung u. Verwertung aller Art vorbehalten!               Impressum

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1








Stabil gebaut und

trotzt der Wärme: ein Iglu

im grünen Garten







2










Es hat geschneit, ruft

mein Sohn und läuft barfuß zum

Apfelbaum im Mai









3










Apfelblütenbaum

erdgebundene Wolke

Kinderträumeraum









4










Die Mühle am Bach

Blütenblätter drehen mühsam

am Rad der Zeit









5










Duftende Rosen

in lauen Sommernächten

das vergilbte Blatt









6










Zirpende Grillen

wetteifern mit Radiosound

keiner gewinnt









7










Das laute Gurgeln

des Wassers - vergebliche

Grillenbeschwerde







8










Am klaren Abend-

himmel im Osten der Mond

morgensonnengroß









9










In den Tag schauen

sieh, der Vollmond im Winter

morgenrotfarbig









10










Ein Regentropfen

löst sich und fällt, Ringe

bildend im Weiher








11










Ein Spatzenpärchen

umschwirrt sich zilpend, flatternd

ein Sommermärchen









12










Vogelgetzwitscher

in der Stille des Waldes

färbt sich schon das Laub









13










Horch, das Glockenspiel

der Regentropfen in der

Dachrinne im Mai









14










Dieser Wintertag

ein Schöpfungsliebesgedicht

farbfrohe Nebel









15










Ein Winter wie ein

Sommer, wäre da nicht das

Schweigen der Vögel









16










Wintersonnenlicht

Zuckerwatte auf allen

Bäumen und Sträuchern









17










Blätter lösen sich

der Wind streift durch die Bäume

der Duft von Pilzen









18










Schwirrende Mücken,

Abendrot, zum Glockenklang

Schwalbengezwitscher









19










Putzende Füße

vor dem tödlichen Schlag

ein Fliegenleben









20










Weit den stillen Weg

zum perlengründigen See

des Mondes Licht zeigt









21










Zum Weinen so schön

diese weichzarten Farben

ein Frühlingsmorgen









22










Großer alter Baum:

die Sonne vieler Sommer

steckt in Deinem Holz









23










Golden bricht hervor

herzerwärmend helles Licht

aus dunklen Wolken









24










Das Bild an der Wand

ofenwarme Einsamkeit

in kahler Stube









25










Weichzarte Farben

an diesem Morgen; der Mond

tief im Nordwesten









26










Schon Milliarden

Jahre unterwegs, der Weg

ist sein Ziel: Planet









27










Diamantenes

Funkeln über dem Schneefeld

ein Wintermorgen









28










Zirpendes Lärmen

dann - weltvergessene Stille

eine Sommernacht









29










Laue Sommernacht

quackende Frösche im Teich

Grillen-Frosch-Konzert









30










Über den Berg her

klingen Glocken, hier bisher

noch niemals gehört









31










Ruhe , Sonne, nur

das Glitzern über'n See: ein

kleines Himmelreich









32










Diese Alm in den

Bergen; Arbeit und Ruhe

Seelenparadies









33










Glasklar kalter See

hoch oben in den Bergen

ein Refugium









34










Gedanken schweifen

in die Ferne und zurück

Schmerzen und auch Glück









35










Vorbei zieh'n Wolken

himmelhoch und regenschwer

doch das Faß bleibt leer









36










Hinter den Wolken

versteckt zwei Sterne, sag' wann

seh' ich sie wieder









37










Fünf Tage Vollmond

die Zeit steht still in dieser

hektisch schnellen Zeit









38










Der Schnee rot gefärbt

bei aufsteigender Sonne

glitzernde Stille









39










Nächtlicher Weg durch

die Allee - erschreckend der

Klang meiner Schritte









40










Mächtige Krone

wachse empor, Blätterdom

schattenspendender









41










Taj Mahal, weiße

Marmorträne für eine

vielgeliebte Frau









42










Taj Mahal, Träne

der Liebe auf der Wange

der Unendlichkeit









43










Ein Stern leuchtet

hinter vorbeiziehenden Wolken

ein zweiter gesellt sich dazu









44










Feuersternentanz

im satten Grün der Blätter

erdgebund'ner Topf









45










Zwei Blumenvasen

herzzugewandt die Blätter

stiller Eintracht Bild









46










Jahrhundertsommer

der Mais steht flügellahm auf

rissigem Boden









47










Morgenglocken, die

Sonne mit gleißendem Licht

jungfräulicher Tag









48










Berge und Hügel

dämmern dem Tag entgegen

ein Augustmorgen









49










Im hellen Herbstlicht

das Grün der Bäume im Wald

in vielen Farben









50










Kindliches Staunen

mit dem lächelnden Wissen

des Weisen: Haiku









51










Mein Taj Mahal für

Dich: wohlgeformte Haiku

herzwarm geschrieben








Senryu >>>



aktualisiert am: 17.05.2011